Der gute Psychiater hat schon viele Kinder mit Autismus diagnostiziert und anscheinend auch durch eine Therapie begleitet. Wir alle fanden, das er ein gutes feeling hatte beim erkennen, was, wo für Probleme sind…
Aber wieder einmal stand da einer vor uns, der meinte, “ Das muss der Junge nun einmal lernen, sich der Gesellschaft anzupassen“!
Bitte was? Nein, das muss er nicht. Muss denn ein Blinder auch Farben erkennen und ein Tauber die besten Musikstücke von Mozart nachsingen? Warum sollte dann ein Asperger smalltalk machen, sich unter Menschen begeben und zu vielen Partys gehen….???
Warum unterstellen uns immer wieder die Leute, wir würden uns nur “ anstellen“, könnten das doch mal eben machen, schaffen, lernen…. . Nur weil man uns unsere Behinderung nicht direkt ansieht?
Ich habe sehr vieles gelernt, was “ normalos“ so machen. Habe nie den Sinn verstanden, warum man dies machen sollte, aber alles brav abgeguckt und nachgemacht. Mich wie ein Chamäleon überall angepasst, nicht aufgefallen, gelächelt, weitergemacht…, bis mein Körper immer öfters streikte. Nur dies wurde mir früher auch nur immer als, -“ sei doch nicht immer so empfindlich, das bisschen was du gemacht hast, davon kann man doch nicht krank werden…“! “ Also los hopp, mach schon weiter…“!
Dadurch bin ich in einem ständigen inneren Druck durchs Leben gegangen, habe dadurch gelernt, das ich gelobt werde, wenn ich mich quäle “ normal “ zu sein, aber Ärger bekomme, wenn ich auf meinen Körper höre. Die Angst, bald wieder etwas nicht richtig zu verstehen, etwas überraschendes, neues zu erleben. Die Angst, mit zuvielen Menschen zusammen sein zu müssen, die alle durcheinander reden und ich nicht weiß, was ich bloß wann sagen soll, die ich nicht kenne und so auch garnicht einschätzen kann, was sie wann so machen oder von mir erwarten…. . Das macht mir sehr zu schaffen, kostet viel Kraft und ich benötige immer mehr Energie dies auszugleichen.
Leider waren meine Eltern da auch keine Hilfe. Auch sie haben mir zuviel Druck gemacht, waren sehr auf Leistung und ansehen bedacht und erwarteten, das ich am Gymnasium gute Noten schreibe…. . Ihre Einstellung, “ Wenn du das wirklich willst, kannst du alles schaffen“, machte alles noch schlimmer.
Immer wieder erlebte ich, wie auch Lehrer, Freunde und Eltern mich zwangen oder es einfach voraussetzten, das ich das genauso mache, wie alle anderen auch. Ich hätte doch die besten Vorraussetzungen,- einen Vater der eine eigene Praxis hat und ansehen im Ort, ein tollen Haus und Auto, Urlaube, gute Kleidung und essen, Geschwister…einfach alles soooo toll, da muss man doch ein braves Mädchen sein und mal eben sich in der Kirchengemeinde einsetzen, immer gute Noten schreiben, nett und adrett sich überall benehmen….
Was das eine mit dem anderen zu tun hat, hat sich bis heute mir noch nicht erschlossen. Weil mein Vater ein angesehener Mann im Ort war, muss ich locker auf Partys gehen können,….? Warum?
Heute weiß ich, das das Abi nicht klappen konnte, weil der Stress für mich zu groß war. Mich keiner verstand, mir glaubte oder mir half besser mit allem klarzukommen. So weiß ich auch, das ich mir selber noch mehr Stress gemacht habe, weil ich krampfhaft versuchte, dies alles zu können. Ich sah es ja, das DIE das „mal eben“ oder “ einfach so“ schafften. Fragte mich zunehmend, warum ich so blöd sei, dies immer noch nicht zu können.
Es war für mich sehr schlimm und lies mein Selbstwertgefühl immer mehr schwinden, da ich mich als „schluffi“ ansah. So wurde ich auch oft behandelt und glaubte dann dies noch mehr. Strengte mich immer mehr an, doch „normal“ zu sein, scheiterte wieder…. . Der Kreislauf wurde immer schlimmer. Bis ich nach dem gescheiterten Abi und einer Ausbildung zusammenklappte. Da lag ich nun und verstand nichts mehr. Der einzigste der mir half, war mein Mann. Er sagte mir, das ich nichts leisten muss, mich solange erholen darf, wie ich es brauche und dann nur noch das mache, was mir gut tut.
Es kamen aber auch Leute, die mir entweder erzählen wollten, ich würde mich nur zuviel anstellen, das Leben sei nun mal kein Pony Hof…, andere glaubten, ich sei verrückt und müsste unbedingt in eine Klinik und Therapie machen, damit ich lerne in der Gesellschaft klar zu kommen… . Niemand kam auf die Idee, das ich richtig fühle, empfinde und einfach nur „Blind “ bin für viele Dinge, die normalos intuitiv machen.
Am schlimmsten habe ich immer empfunden, das mir nur ein Mensch wirklich glaubte,- mein Mann. Alle anderen unterstellten mir “ Anstelleritis“ !!! Dies verletzte mich mehr, als die ständige Überforderung.
Und nun kommt da der Psychiater um die Ecke und glaubt, das ich weiter meinen Sohn zwinge sich der Gesellschaft anzupassen? Ich soll ihm weiter erzählen, das er das doch können oder wenigstens aushalten muss, wenn er in der Schule überfordert ist? Ihn zwingen solange in der Schule zu bleiben, bis er es sagt, das er nach Hause möchte, obwohl er gerade nicht sprechen kann? Das kann doch nicht dem sein ernst sein.
Genau dieser Zwang, der glaube, wir seien so schlecht, müssten uns mehr anstrengen, das doch können…, der hat alles noch schlimmer werden lassen. Nein, es ist endlich an der Zeit, das wir unser Leben so ausrichten, das es uns gut geht. Nicht wir passen uns dem Leben an, sondern das Leben wird nun uns angepasst. Auch wenn das für viel nicht verständlich ist oder komisch aussieht. Egal, unsere Gesundheit und unser Glück ist uns wichtiger.
Dafür werden wir nun kämpfen. Das dieser Kampf schwieriger wird, als gedacht und länger dauert, war uns damals nicht bewußt. Aber wir führen ihn und die Erfolge kann man sehen. Uns geht es besser, aber nach außen funktionieren wir nicht gut.
Tja, egal.
Anne