So mussten wir eine Lösung finden, dass er lernen kann ohne Stress. Es sollte ihm gut gehen und er müsste auch genügend Energie über haben, dass er Freude an seinem Leben hat und schöne Dinge machen konnte. Nur leider fanden wir keine Menschen, die dies so ähnlich sahen. Die meisten versuchten uns immer wieder zu zwingen, ER müsste doch lernen sich der Gesellschaft anzupassen und IN eine Regelschule gehen. Er wäre ja ein schlauer Junge, also müssten wir auch dafür sorgen, dass dies gut klappt…
Wir sind ja nun schon seit über 3 Jahren dafür am kämpfen, dass Tom nicht mehr normal in die Regelschule gehen muss. Über anfängliche Probleme im Kindergarten und Grundschule, wurde es auch an der weiterführenden Schule nicht besser, sondern immer stressiger. Tom wurde immer körperlich kränker bis dahin, dass er garnicht mehr gehen konnte.
Welch großer Stress in ihm dadurch ausgelöst wurde, dass IN der Schule ständig Veränderungen sind, die Lehrer, Schüler, Räume wechseln, Schüler ihm Dinge wegnehmen, jemand sich verletzt oder er wieder etwas falsch versteht und ihn alle auslachen…, wollte keiner hören. Kaum jemand nahm sich die Zeit, sich wirklich mit uns näher zu beschäftigen und zu helfen. Lieber schnell die Aussage treffen,- „Er muss sich anpassen“.
So mussten wir mit der Schule sprechen, ihn krankschreiben lassen, eine Diagnose vom Psychiater bekommen und überlegen, wie es weiter gehen kann. Welche Möglichkeiten gibt es in Deutschland, wenn man nicht in eine Regelschule gehen kann? Kaum welche, aber warum? Warum muss hier jeder IN ein Schulgebäude gehen um zu lernen? Es müsste doch möglich sein, dass jedes Kind so lernen darf, wie es gut für es ist.
Nach dem wir eine Diagnose hatten, die besagt, das Tom Asperger Autist ist, sollte er es auf einer kleinen Schule versuchen, die uns als Schule extra auch für Autisten, angepriesen wurde. Bei genauerem hinsehen war es eine Förderschule, die er nur mit einem Bus und einer Fahrzeit von mehr als 1 Stunde erreichen konnte. Wie stellen die sich das denn vor, wie Tom dies schaffen soll? Ihn Stressen alle Dinge, die er nicht kennt, die sich verändern, die unvorhergesehen kommen…., da kann man ihn doch nicht in einen kleinen Bus mit 20 anderen Kindern setzen, die für ihn völlig unberechenbar sind. In dieser Förderschule wird er auch nicht besser lernen können, denn nicht die Noten waren das Probleme, sondern alles drum herum.
Wir suchten im Internet nach einer Schule, die kleine Klassen hat, nur bis mittags geht und die erreichbar ist im Umkreis. Gefunden haben wir nichts. Aber dabei entdeckte ich die Webindividualschule in Bochum. Diese bietet Unterricht online an, jeder Schüler hat nur einen Lehrer in allen relevanten Fächern. Er braucht sich nicht mit anderen Schülern auseinander setzten, sondern kann von zuhause aus, in seiner gewohnten Umgebung lernen. Wir waren sofort begeistert, wußten, dass diese Form des lernen, für Tom passend war. Denn wenn der Stress drum herum wegfallen würde, dann könnte er auch wieder entspannt lernen und einen guten Schulabschluss machen.
Wir waren glücklich, dies Form des Lernens gefunden zu haben und sehr naiv, dass doch alle Menschen sich darüber freuen müssten, dass es die passende Schule für unseren Jungen gibt. Nein, darüber freute sich das Jugendamt nicht, denn dies bedeutete für sie, dass sie die Webschule bezahlen müssten. Dies wollten sie auf jedenfall vermeiden. Ein 2-jähriger Kampf begann in dem wir uns mit aller macht gegen das Jugendamt und Schulamt wehren mussten. Aber wir stellten den Antrag beim JA auf Übernahme der kosten und meldetet dann Tom bei der webschule an.
So konnte er nach kurzer Wartezeit dort anfangen mit dem lernen. An der Webschule dann, haben wir Lehrer, die Schulleiterin und selbst die Sekretärinnen erlebt, wie sie immer wieder versuchten eine wirklich passende Lösung für unser Kind zu finden, damit er entspannt lernen kann. Dort wird wirklich auf jedes Kind individuell eingegangen, sehr emphatisch und mit viel Verständnis. Wir waren alle so begeistert. Endlich ein Ort, an dem Tom entspannt von zu Hause aus lernen kann, an dem auf ihn eingegangen wird und ihm der Stoff so vermittelt wird, wie es für ihn gut ist. Auch das Lerntempo, die Anfangszeiten oder die Länge kann er möglichst mitbestimmen. Zum ersten Mal durfte er sagen, das er eine Aufgabe nicht verstanden hat, ohne Angst haben zu müssen, dass er ausgelacht wird. Er ist sehr schlau, kann aber bei so mancher Situation nicht die Zusammenhänge ohne weiteres erkennen. Dann benötigt er Hilfe und Zeit, die sein Lehrer sich gerne nimmt. Auch ist die Ruhe in seinem Zimmer sehr positiv für ihn. Niemand knistert mit Papier, keine Angst, dass ihm einer etwas wegnimmt, keine launigen Lehrer mehr oder plötzliche Veränderungen, weil ein Lehrer meint, sie müssten im Unterricht mal eben alle rausgehen und draußen Blätter einsammeln… . Einfach zuhause die Ruhe und Sicherheit, dass alles gut ist. Welch ein Segen.
Aber selbst auch an der Webschule hat es Monate gedauert, bis er ganz entspannt wieder war, bis er nicht mehr schon bei dem Wort „Schule“ zusammenzuckte oder verstummte, wenn sein Lehrer irgendetwas sagte, was ihn an die Regelschulzeit erinnerte. Aber trotzdem merkten wir sehr schnell, wieviel er in dieser Zeit lernte, wie gut er sich bei dieser Art des Lernens konzentrieren konnte und wie positiv sich dies alles auf seine Gesundheit auswirkte. Er war immer weniger körperlich krank, fing immer mehr wieder an, an unserem Familienleben teilzunehmen, hatte endlich wieder Energie, auch nachmittags noch was zu machen und Freude an seinem Leben. Wie sollte jemand dagegen etwas haben können. Immer dachten wir noch, dass doch alle begeistert sein müssten, dass es Tom so gut geht. Nein, dies war nicht der Fall.
Da weder das Jugendamt noch das Schulamt wollten, dass Tom weiter an der Webschule Unterricht wird, mussten wir die ganzen Jahre mit den Ämtern kämpfen und die Webschule erst einmal selber zahlen. Zum Glück konnten wir dies, aber viele schaffen es nicht aus eigener Kraft. Wie kann ein Staat es zulassen, dass Kinder garnicht unterrichtet werden, wo doch die ach so hoch gelobte Schulpflicht existiert? Uns wurde diese immer unter die Nase gerieben, aber dennoch nur sehr einseitig. Es existiert eine Schulpflicht, die aber nicht dafür da ist, das Kinder gut lernen können, dass jeder lernen darf, so wie es ihm möglich ist oder irgendwie unterschiedliche Lernformen vorsieht…., nein, diese Schulpflicht ist nur dafür da, alle Kinder IN eine Regelschule zu zwingen. Ohne Rücksicht darauf, wie es den Kindern dort geht, ob sie dort gut lernen können und was dies für die Zeit neben der Schule bedeutet… . Der Staat macht es sich da sehr einfach, alle Kinder müssen einfach in eine Regelschule,- fertig. Wer meint dies sei nicht der richtige Ort, der muss dies beweisen. An mancher Stelle sieht dies dann so aus wie bei uns, ein Kampf über 2 Jahre, der so anstrengend war, dass unser ganzes Familienleben darunter gelitten hat. Wo wir viel Geld investieren mussten, wo es ohne einen tollen Anwalt nie geklappt hätte und wo die meiste Energie dafür aufgewendet wurde, dass Tom doch endlich an der Webschule lernen darf und einen Abschluss machen kann.
Wie darf das sein, dass es in einem Land solche Gesetze gibt, wo sich jedes Amt hinter verstecken kann, damit sie nichts zahlen müssen oder einfach ihren Willen durchsetzen können? An unserem Schulamt sitzt eine Frau, die sich, aus welchen gründen auch immer, auf die Fahne geschrieben hat, alle Kinder IN eine Regelschule zu integrieren, da sie meint, dies sei für alle das Beste. Da halfen in der ganzen Zeit auch nicht mehrere Gutachten vom Psychiater, seiner Therapeutin oder der Webschule. Es wurde ein AOSF mit Förderplan erstellt und eine Sonderpädagogin auf uns angesetzt, die dafür sorgen sollte, dass Tom sich endlich der Regelschule wieder annähert… . Zwei Jahre, in denen wir immer wieder mit unserem Anwalt besprechen mussten, was wir noch machen könnten.
Es interessierte die Behörden überhaupt nicht, dass Tom sich so gut entwickelt hatte, so viel dazu lernte, offener, fröhlicher wurde und durch die Hilfe der Webschule auch endlich wieder gerne lernt. Hier drehte es sich nie darum, dass es ihm gut geht, sondern nur darum, kein Geld zahlen zu müssen oder die eigene Ausrichtung allen Familien aufs Auge zu drücken. Menschen fällen Urteile über uns, die Tom nicht einmal kennen, ignorieren dabei Gutachten, die besagen, das nichts anderes als die Webschule möglich ist oder Stellungnahmen, die zeigen, wie toll er sich an der Webschule entwickelt hat.
Um so erstaunlicher ist es, wie jetzt auf einmal durch Corona genau diese Art zu leben und lernen von allen Schülern erwartet wird. Nun darf es sein, dass alle „nur“ zuhause sitzen und dort alleine lernen. Das man nicht täglich soziale Kontakte braucht oder nur ordentlich IN einem Schulgebäude Wissen aufnehmen kann.
Wir sehen, wie viele Kinder damit nicht klar kommen, da auch die Schulen und Lehrer darauf nie vorbereitet waren. Sie haben nicht die Erfahrungen, die die Webschule ja schon seit langem so ausgeführt hat. Weder die passenden Unterlagen, noch das wissen, wie man Kindern den Stoff so vermitteln kann, dass sie immer mehr selbstständig lernen können. An der Webschule klappt dies sehr gut. Dort unterrichtet ein Lehrer 10-15 Kinder, aber jeden einzeln. Jedes Kind bekommt Aufgaben, die dann mit dem Lehrer per Skype in seiner persönlichen Zeit, besprochen werden können, die ganze Lernzeit können sie im Chat fragen klären. So kann jedes Kind passend lernen. Wir hoffen nun, dass Deutschland durch Corona endlich lernt, dass Schule nicht nur IN einem Schulgebäude möglich ist und das es Kinder gibt, die eben nicht dort hin gehen können, sondern für die andere Lernformen nötig und gut sind. Wir sehen auch, wie viele Eltern entspannte Kinder nun zuhause haben, da diese nun in Ruhe alleine lernen können. Das diese auch abends noch entspannt sind und fröhlich, da nicht alle Energie in der Schule verbraucht wurde.
Hoffentlich verändert sich endlich in Deutschland diese, ach so hoch gesetzte Schulpflicht zum guten. Wirklich zum Wohle unserer Kinder und deren Familien. Wir sind eben nicht alle gleich.